Die Wahrheit über den ersten Trip!
„Anspruchsvolle 162 km und 4.400 Höhenmeter. Der Stoneman Miriquidi hat es in sich – technisch und v. a. konditionell! Über neun knackige Anstiege geht es hinauf zu ebenso vielen faszinierenden Gipfelerlebnissen.Der fahrtechnische Anspruch reicht überwiegend von S0- bis S1- mit wenigen S2-Passagen. Unterschätze sie trotzdem nicht!“
So heißt es auf der Website diesen unglaublichen Erlebnisses:
Linkt euch gerne mal rein, es lohnt sich auf jeden Fall!
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Nun zu unserer Geschichte
Im
Juli wird die Idee geboren, den Stoneman Miriquidi zu fahren. Thomas und ich
haben uns im Mai neue Mountainbikes gegönnt und wollen sie auf Herz und Nieren
prüfen. Ob unser fahrerisches Können ausreicht, können wir noch nicht so richtig
einschätzen. Schnell ist klar, dass uns mein Bruder Daniel begleiten wird,
dessen Fitnesslevel das unsere um Welten übersteigt.
Kurz ein paar Fakten zu uns:
Wir
fahren unter dem glorreichen Teamnamen „Bike Bang Theory“. Thomas ist 39 und
relativ fit. Ich bin Doreen, 34 und habe im Vorfeld schon etwas tun müssen.
Thomas und ich sind in den Wochen vorm Stoneman extrem viel Rad gefahren. Mein
Bruder Daniel ist 31 und macht regelmäßig Sport, was ihm sehr von Nutzen sein
soll.
Im
August buchen wir das Ganze dann schnell und unkompliziert über den
Tourismusverband Erzgebirge e.V.. Wir entscheiden uns für die Bronze-Tour. Der
Preis ist erschwinglich und wir brauchen uns bis auf die Anreise um nichts
kümmern. Die Damen am Telefon sind sehr nett und hilfsbereit.
Am
13.09. reisen wir im Berggasthaus Scheibenberg an. Am 14.09. soll es losgehen
und wenn alles nach Plan verläuft, kommen wir hier am 16.09. wieder an,
verbringen noch eine Nacht hier und reisen schlussendlich am 17.09.2018 ab.
Tag
1 soll uns nach Johanngeorgenstadt zu Familie Meixner in die Pension „Edelweiß“
führen. Von dort aus geht es weiter zum „K1 Sporthotel“ nach Oberwiesenthal und
am 3. Tag wieder zurück nach Scheibenberg.
14.09.2018 – Tag 1
Scheibenberg // Berggasthof à Johanngeorgenstadt // Pension Edelweiß
66 km // 1.610 Hm // 2 Berge (Rabenberg,
Auersberg)
Start:
ca. 9:15 Uhr
Es
ist extrem neblig, nur 13°C und immer wieder kommt Sprühregen runter. Nicht die
besten Voraussetzungen, aber wir sind hochmotoviert. Los geht`s!
Daniel
hat direkt seine Lochkarte im Koffer gelassen, welcher eben vom Gepäcktransfer
abgeholt wurde. Die nette Dame vom Hotelpersonal erkennt seine Verzweiflung
sofort und zeigt sich gnädig – er bekommt eine neue Karte und es kann endlich
losgehen. Wie bereits erwähnt, meint es das Wetter nicht gut mit uns. Es hat
auch fast die ganze Nacht geregnet, was die Strecke sicher nicht besser macht
und sich später noch bestätigen soll. Im Laufe dieser Etappe erwischt uns noch
der ein oder andere leichte Regen, wärmer wird es nur minimal, bei 16°C ist
Schluss. Wir hatten uns aber darauf eingestellt und haben entsprechende
Regenkleidung dabei. Mit „Wir“ meine ich in dem Fall nur Thomas und mich…Daniel
trägt nur einen Pullover als wir starten.
1. Ziel: Rabenberg 913 m à
37,4 km // 1.010 Hm
Vom
Scheibenberg geht es bei 807 m über NN los. Gleich am Berggasthaus geht es in
den Wald über einen kleinen Single Trail parallel zur Straße den Berg hinab. Am
Ende überqueren wir die Straße und finden uns auf einer geschotterten Piste auf
der anderen Seite des Waldes wieder. Ein kurzes Stück bergab geht es auch
direkt nach oben. Begleitet vom losen Schotter und Wurzeln arbeiten wir uns
bergauf. Der Wald ist wunderschön. Alte Bäume weisen uns den Weg.
Die
Schilder sind gut erkennbar, die App Komoot begleitet uns zusätzlich und
schließt jeden Zweifel aus. Die weiteren Anstiege bringen mich bereits an meine
körperlichen Grenzen. Mein Bruder ist schon ein ganzes Stück voraus, Thomas
atmet auf halber Entfernung durch.
6
– 8% Steigung sind keine Seltenheit und zehren schon sehr an meinen Kräften. Wo
wir herkommen, sind solche Steigungen in unmittelbarer Umgebung nur schwer zu
finden und auf mehreren Kilometern schon gar nicht. Ob ich das Tempo der Jungs
durchhalte? Hoch motiviert schiebe ich alle Zweifel beiseite. „Es wird keiner
zurück gelassen.“ war das Versprechen, was wir vor dem Start gegeben haben :D.
Zwischendurch machen wir einige Trinkpausen; Magnesium, Traubenzucker und der
oder andere Müsliriegel geben uns neue Schubkraft. Lange stehen bleiben können
wir jedoch nicht. Die Klamotten sind durchgeschwitzt und es ist nicht besonders
warm. Wir fangen also schnell an zu frieren und das wiederum ist sehr
unangenehm. Also weiter.
Mal
bis hierher zusammengefasst: Wir befinden uns 4 Stunden nach Start in
unmittelbarer Nähe zum Rabenberg. Ab dem Berggasthof Scheibenberg ging es
zunächst ca. 220 Hm nach unten, begleitet von einem wunderschönen Gebirgsbach.
Unmittelbar danach bekamen wir den gnadenlosen Anstieg auf 848 Hm zum
Oberbecken zu spüren, dann wieder ca. 350 Hm hinab Richtung Pöhla. Während der
Abfahrten können wir es uns genauso wenig leisten, die Finger von den
Bremshebeln zu nehmen, wie bergauf mit dem Kurbeln aufzuhören.
13:20
Uhr: Nach einem anstrengenden Aufstieg sind wir endlich am ersten von neun
Gipfeln angekommen. Völlig durchnässt von Regen und Schweiß finden wir den
Locher zunächst nicht. Daniel und ich füllen erstmal unsere Wasserreserven auf
während Thomas ein ungünstig parkendes Auto vor der ersehnten Tafel als Grund
für unsere gescheiterte Suche nach der Stanze ausmacht. Sofort mache ich den
Selfie-Stick klar, hole meine Karte hervor und rufe nach Daniel. Stolz treffen
wir uns vor der Tafel. Das Geräusch des Lochstanzers ist Musik in unseren Ohren
und soll zum Beat der Reise werden 😉
Jetzt
haben wir aber auch Hunger. Daniel findet schnell eine Gelegenheit im Sportpark
Rabenberg. Wir sind spät dran zum Mittagessen, können uns aber für 12 € p. P. am
verbliebenen Buffet bedienen und etwas auftauen. Einige Abfahrten werden bei 13°C
und nassen Sachen zur Kühlkammer für Mountainbiker 😜. Ich hätte viel für
einen Fön oder wenigstens einen Händetrockner auf den Toiletten gegeben, um
unsere Klamotten etwas trocknen zu können, aber die Gelegenheit sollte ich
nicht bekommen. Wir halten uns nicht lange auf, es liegen noch ca. 30 km und
einige Höhenmeter vor uns. Weiter geht´s!
2. Ziel: Auersberg 1.019 m à
16,6 km // 480 Hm
Wieder
geht es runter; auf den tiefsten Punkt dieses Abschnitts: 602 m ü. NN nach
Erlabrunn Richtung Auersberg. Wir durchqueren den berühmt berüchtigten Teil des
Trail Parks Rabenberg. Für Teilnehmer des Stoneman ist die Nutzung dieses
Abschnitts kostenlos. Es geht über Wurzeltrails, Matsch, Steine und scharfe
Kurven ziemlich steil bergab. Was ein Spaß aber auch nicht ganz ungefährlich –
Daniel brettert vorne weg, was ihm bald Schmerzen in den Handgelenken und
seinem vorgeschädigtem Knie bescheren soll. Ich bleibe am Ende der Strecke mit
der linken Pedale am Holz hängen und werde unsanft zum Absteigen gezwungen, was
mich aber außer ein paar blauen Flecken und der Zurückbesinnung auf meine
eingeschränkten Fahrkünste nichts kostet. Thomas geht das Ganze gleich etwas
besonnener an und erreicht uns völlig unbeschadet.
Von
hier aus müssen wir über 400 Meter hinauf. Dafür bleiben uns noch ca. 10 km
Strecke. Dass das eine unserer leichteren Übungen werden sollte, erfahren wir
später. Die letzten paar Hundert Meter zum Auersberg erscheinen uns wie eine
Himmelsleiter; wir schieben…Thomas und ich…Daniel kurbelt vorne weg und wartet
abschnittsweise auf uns. Oben sollen wir erfahren, dass wir den falschen Weg
genommen haben, was wohl etlichen Fahrern immer wieder passiert. Auch wir waren
uns sicher, das Schild am Fuße des Anstiegs richtig gedeutet zu haben.
Da
es nun bereits 16 Uhr ist und noch ungefähr 12 km bis Johanngeorgenstadt vor
uns liegen, müssen wir auch direkt weiter.
3. Ziel: Johanngeorgenstadt,
Pension Edelweiß à 12 km // 120 Hm
Unsere
Bikes sind voller Pampe, wir sind völlig durchgeschwitzt, ausgekühlt und kennen
nur noch ein Ziel: Pension Edelweiß in Johanngeorgenstadt!
Es
geht wieder bergab, nicht nur mit unseren Kräften 😜. Mitten im Wald klingelt
mein Handy - Steffen von der Pension Edelweiß. Ob es uns gut geht und wo wir
sind, fragt er. Nach Luft ringend erwidere ich, es gehe uns super. Er meint,
wir wären „gleich“ da…Optimist… . Nach meiner Rechnung haben wir noch knapp 10
km vor uns und dafür brauchen wir nach aktuellem Schnitt ca. 1 Stunde. Kurz
nach 17 Uhr finden wir Steffen und seine Frau, die uns am Ende einer steilen
Abfahrt in einer harten Rechtskurve Richtung Tschechien schon entgegen ruft,
dass wir richtig sind.
Wir
werden herzlich empfangen, können erstmal unsere völlig verkeimten Räder mit
einem Gartenschlauch abspritzen und anschließend sicher in der Garage
verstauen. Drinnen können wir unsere Schuhe zum Trocknen über die Heizung
hängen, Steffen zaubert uns ein unglaublich leckeres und mit viel Liebe
zubereitetes Abendessen. Serviert wird uns das Ganze mit vielen spannenden
Geschichten und einer gehörigen Portion Heimatkunde. Auch das Frühstück am
nächsten Morgen kann sich sehen lassen und so starten wir gut gestärkt in den
zweiten Tag.
Nur
wenige Minuten vor uns startet ein männliches Dreiergespann in die Silber-Tour.
110 km wollen sie am ersten Tag schaffen. Hut ab, das ist wirklich viel und für
unsere Verhältnisse völlig verrückt. 110 km Radfahren sind auch für uns ja an
und für sich kein Problem…wenn da die Berge nicht dazwischen wären ;) Wir
wünschen den Jungs viel Erfolg für ihr sportliches Vorhaben und machen uns bald
selbst auf den Weg.
15.09.2018 – Tag 2
Johanngeorgenstadt // Pension Edelweiß à Oberwiesenthal // K1 Sporthotel
49 km // 1.650 Hm // 4 Berge
(Blatenský vrch, Plěsivec, Klínovec, Fichtelberg)
Start:
ca. 8:45 Uhr
1. Ziel: Blatenský vrch, 1.043 m
à
8 km // 320 Hm
Der
erste Abschnitt klingt ziemlich entspannt. Steffen macht ein schönes Bild von
uns zum Abschied.
Das
Wetter wird super. Die Sonne scheint. Mit den Insider-Tipps von Steffen im
Gepäck geht es los. Daniel ist hoch motiviert, Thomas freut sich mit ihm, mir
tut alles weh x). So einen Muskelkater hatte ich lange nicht. Nach ein paar
Metern sind alle Wehwehchen vergessen, wir rollen über die tschechische Grenze
direkt durch den Markt von Potůčky bergab Richtung Abertamy, den Plattenberg im
Visier. Zunächst geht es, wie gesagt, bergab…kurz ;) Die Strecke meistern wir
recht gut. Die Wege sind weitgehend befestigt bzw. asphaltiert.
Über
5 km geht es allmählich bergauf, wobei wir die letzten Meter den unbefestigten
und ausgewaschenen Anstieg schieben und beinahe überrascht sind, schon oben zu
sein.
Daniel
findet schnell den Locher, wir machen das obligatorische Selfie, weiter geht´s
zum Plěsivec, dem Plessberg.
2. Ziel: Plěsivec, 1.028 m à
9,9 km // 190 Hm
Der
Weg dorthin ist gut zu fahren, die letzten Meter haben es allerdings in sich.
Ca. 2 Stunden sind wir nun unterwegs, allen geht es gut, die Motivation ist
nicht zu bremsen. Oben angekommen gönnen wir uns erstmal eine kleine
Verschnaufpause mit Cola und Müsliriegel am Berghotel. Vorher natürlich noch
das Beweis-Selfie.
Als
Parkplatz für die Räder nutzen wir die Abstellböcke der Skifahrer. Wir genießen
die tolle Aussicht und machen ein paar Bilder.
Thomas
klickt sich die GoPro auf den Helm und es geht mal wieder weiter.
3. Ziel: Klínovec, 1.244 m à
25,5 km // 980 Hm
Vor
der anschließenden Abfahrt über eine schwarze Skipiste hatte uns Steffen
bereits ausführlich informiert und gewarnt. Er riet uns, zu laufen, weil
tatsächlich die Gefahr besteht, vorn über abzusteigen. Er sollte uns nicht zu
viel versprochen haben. Thomas dokumentiert die nächsten Meter mit der GoPro.
Den Sessellift entlang geht es steil bergab. Daniel versucht zunächst zu
fahren, gibt aber bald auf, um nicht die gesamte Tour zu gefährden; Thomas und
ich steigen direkt ab. Auch zu Fuß haben wir genug Stress, werden aber dennoch
von einem verrückten Mountainbiker überholt, der es tatsächlich wagt, zu fahren
– und zwar den gesamten steinigen Abstieg so weit wir sehen können…völlig
irre…vielleicht ein Goldkind 😜
Respekterfüllt
machen wir Platz, er bedankt sich höflich.
Weiter
bergab durchqueren wir auf 658 m Lípa (deutsch Lindig), einen Ortsteil von
Merklín. Weiter geht es über einen leichten Anstieg nach Mariánská und
schließlich nach Jáchymov (Sankt Joachimsthal), wo wir beschließen, etwas zu
essen. Direkt an der Straße vor dem Aufstieg zum Klínovec ist die „Denni Bar
Beskyd“, von der wir nur Jedem abraten können.
Wir
warten sehr lange auf unsere Getränke, was nicht so schlimm ist, weil wir – wie
so oft – auf Gleichgesinnte treffen und äußerst amüsante Gespräche führen.
Allerdings bestellen wir auch dreimal tschechischen Käse, den uns mein Bruder
aus eigener Erfahrung als DAS tschechische Gericht verkauft, was man unbedingt
gegessen haben muss, wenn man da ist. Gott sei Dank – muss man im Nachhinein
sagen – hat die Bedienung zwei unserer drei Essen vergessen, denn es war mehr
als grausam, was uns da aufgetischt wurde. Wir haben viel Zeit und einige
unserer Geschmacksnerven verloren. Zu unserem Glück habe ich reichlich
Müsliriegel dabei. Es ist bereits kurz nach 14 Uhr als wir aufbrechen. Ab hier
geht es steiler Richtung Klínovec; genau genommen der steilste Anstieg mit
knapp 600 Hm über ca. 10 km bis zum Gipfel. Rückblickend betrachtet sollte das
dennoch nicht unser härtester Anstieg werden.
Neben
der Seilbahn-Strecke ab der Talstation Jáchymov wird eine neue Straße in die
Landschaft gegraben. Parallel dazu kurbeln wir uns bergauf bis zur Erschöpfung.
Nachdem ich nach Luft ringend schon ein paar Meter schiebe, steigt Thomas auch
ab, Daniel trampelt tapfer weiter und erwartet uns einige hundert Meter weiter
mit der nächsten Portion Magnesium und einigen Motivationssprüchen. Der
befestigte Weg steigt auf 4 km Länge um ca. 300 m an. Bei ca. 1.100 Metern geht
es die letzten 2,5 km über einen Waldweg weiter, der uns nochmal alles
abverlangt. Auf dem kleinen Damm, der rechts vom Weg verläuft, begleiten uns –
zum Teil nur noch die Überreste – selbst
gebaute kleine Steinmänner – Material gibt es reichlich und offenbar auch Leute
mit Sinn für Humor. Auch wir müssen schmunzeln 😉
Bald
werden wir von einer Gruppe Silber-Männer überholt, die uns lächelnd den heißen
Tipp geben, einfach zu „treten, treten, treten“, nachdem ich ihnen mit offenem
Mund am Rande staunend meinen Respekt übermittelte. Mehr als „chapeau“ brachte
ich nicht mehr heraus.
Auf
dem Keilberg angekommen ist es bereits kurz nach 16 Uhr. SELFIE
Wir
sind megastolz, die Königsdisziplin für diese Tour geschafft zu haben. Wir
haben die höchste Erhebung des Erzgebirges mit dem Mountainbike erklommen. Gut
gemacht! Ich bin stolz auf meine Jungs und sie auch auf mich. Bis hierher haben
wir eine gute Figur gemacht 😉
Wir
halten noch ein kleines Pläuschchen mit den tapferen Jungs, die uns eben im
Wald überholt haben, bevor wir nun endgültig ausgehungert im Restaurant am
Klínovec einkehren. Die Räder hängen wieder mit dem Sattel an den Abstellböcken
für die Skifahrer, die diese aktuell nicht benötigen ;). Das Essen ist wirklich
lecker, allerdings wird uns bald ziemlich kalt, weil wir durchgeschwitzt bei
leichtem Wind im Schatten sitzen. Und so beschließen wir, unsere Tour
fortzusetzen.
4. Ziel: Fichtelberg, 1.215 m à
7,4 km // 200 Hm
Das
letzte Ziel für heute liegt unweit vor uns. Es ist bereits kurz vor 17 Uhr als
wir am Klínovec starten. Die verlorene Zeit aus Jáchymov hängt uns nach, also
flinke Füße. Die 200 Hm hinab eine viel befahrene Straße mit über 40 km/h nach Boží
Dar (Gottesgab) vergehen wie im Flug. Den gesamten Weg haben wir uns eben erst
nach oben geschraubt…da sind sie dahin, die hart erkämpften Höhenmeter :P.
Wieder zurück in Deutschland geht es über die Wellenschaukel hinauf zum
Fichtelberg. Bereits nach den ersten Metern können wir nach rechts schauend den
Klínovec sehen und kaum glauben, dass wir Minuten vorher noch so weit weg da
oben waren. Die Jungs radeln vorne weg. Ich muss mich von meiner Strickjacke
trennen und beschließe, die letzten Meter zu laufen. Ich kann einfach nicht
mehr. Von oben ruft schon mein Bruder, dass ich es gleich geschafft habe. Also
wieder rauf auf´s Rad und kurbeln. Oben angekommen ist es bereits nach 17:30
Uhr und wir müssen noch weiter zum K1 Sporthotel nach Oberwiesenthal. Das
sollte aber nur ca. 3 km bergab entfernt sein.
Aber
zuerst: SELFIE!
![]() |
und noch ein paar Bilder für´s Familienalbum |
Die
Aussicht vom Fichtelberg ist grandios.
Dann
geht´s weiter zum Endspurt für heute. Ebenso grandios wie die Aussicht sind die
Zimmer, die uns im K1 erwarten. Es gibt eine Badewanne :D mega! Was wir hier
gegen 19 Uhr nicht mehr erwarten dürfen, ist eine gastronomische Versorgung,
was wirklich schade ist, uns aber bereits zugetragen wurde. Nach einer heißen
Dusche/Badewanne treffen wir uns an der Bar, trinken noch ein paar Bierchen und
lamentieren über das Erlebte. Natürlich sind wir stolz, dass bis hierher alles
so super geklappt hat und freuen uns, den letzten Tag in Angriff zu nehmen.
Unsere körperliche Verfassung ist recht gut. Daniels Hintern leidet ein wenig
unter dem Sattel…oder besser darauf ;). Thomas geht es recht gut, merkt es
etwas in den Knien. Mir schmerzt neben den Ballen der Hände auch etwas der Rücken, der vor allem bei den
steinigen/wurzeligen Abfahrten beansprucht wird. Mental sind wir aber bestens
gelaunt und immer noch maximal motiviert. Der Rest der Strecke sollte also kein
Problem werden! oder doch...?
16.09.2018 – Tag 3
Oberwiesenthal // K1 Sporthotel à Scheibenberg // Berggasthof
48 km // 1.140 Hm // 3 Berge (Bärenstein,
Pöhlberg, Scheibenberg)
Start:
ca. 9:00 Uhr
1. Ziel: Bärenstein, 898 m à
15,3 km // 320 Hm
Frühstück
in Oberwiesenthal war super, aber auch nötig. Der erste Anstieg vom Hotel
zurück zur Strecke kostet uns bei 12 % Steigung gefühlt die ersten 1.000 kcal
;P. Zum Warmwerden ist das nichts. Die ersten 500 m laufen alle drei. Bis zum Bärenstein
sind es ca. 15 km und um die 300 Hm. Im Vergleich zum bisher Geschafften sollte
das doch jetzt kein Problem mehr sein…dachten wir.
Nach
dem anstrengenden Aufstieg geht es abwärts bis zum Bahnhof Kretscham, wo wir
die Gleise der Fichtelbergsbahn kreuzen. Weiter entlang der Gleise, vorbei am
Landhaus Bergidyll, beginnt ca. 3 km weiter der Anstieg zum Bärenstein. Obwohl
es ziemlich heftig nach oben geht, lässt es sich gut auf dem Asphalt fahren.
Allerdings werden die letzten 1.000 m zur absoluten Herausforderung. Neben
einigen Radfahrern, die offenbar an einem Event teilnehmen, dass für die
Glücklichen grad bergab verläuft, kommen uns Autofahrer entgegen, die uns
zuwinken und lächeln. Ihr Grinsen wirkt beinahe schadenfroh. Was wohl der der
Daumen nach oben bedeutet? Bestimmt ist es nicht mehr weit.
Zuvor
dürfen wir noch eine grandiose Aussicht auf den Klínovec und den Fichtelberg
genießen und können es kaum glauben, gestern noch dort gewesen zu sein. Es
sieht so unglaublich weit weg aus.

Bald
sehen wir ein Schild: Bärenstein 300 m. Auch wenn der Bärenstein einer der
‚flacheren‘ Berge ist, hat es sein Anstieg auf den letzten 1.500 Metern mit ca.
150 Hm echt in sich. Zwei Tage mit ca. 120 km und 3.300 Hm stecken uns bereits
in den Knochen. Genug gejammert! Aber diese 300 Meter waren – wie ich sie vor
Ort nannte – die längsten 300 Meter meines Lebens – und das war nicht
übertrieben.
Oben
angekommen treffen wir eine kleine Gruppe – wahrscheinlich ehemalige
Silberfahrer, die heute auf einem anderen Parcours unterwegs sind – deren
ältester Fahrer 49 Jahre jung ist und auf uns wirkt, als wäre er auf seiner
Zieletappe eben erst gestartet. Wir schießen gegenseitig ein paar Fotos von uns
und treffen uns dann noch kurz auf einem Aussichtspunkt, den uns die Jungs als
Tipp empfohlen haben.
Sie
fahren die Strecke nicht zum ersten Mal und kennen sich offenbar gut aus in der
Gegend. Die Aussicht ist unbezahlbar, das Wetter perfekt und der Scheibenberg
von hier aus wohl zu sehen, aber kaum erkennbar. Es trennen uns noch knapp 33
km Stoneman. Also wünschen wir uns gegenseitig noch „viel Spaß“ und
verabschieden uns.
2. Ziel: Pöhlberg, 832 m à
15,8 km // 380 Hm
Es
ist 11 Uhr. Bis zum Pöhlberg sind es 15,8 km mit 380 Hm, die tendenziell bergab
verlaufen. Ca. 11 km geht es bis auf 526 m bergab, also über 350 Hm. Den
gesamten Weg bergauf zum Bärenstein geht es wieder hinab, da die Original-Route
gesperrt ist. Die Abfahrt ist rasant, wir wagen uns mal wieder an die 50 km/h-Marke,
müssen aber extrem aufmerksam sein, weil hier auch Autos unterwegs sind. Bis
Brettmühle geht es weiter bergab, kurz wieder bergauf nach Königswalde. Ich
kann nur immer wieder betonen, wie atemberaubend diese Landschaft ist.
Nur
wenige Kilometer später beginnt auch schon der Aufstieg zum Pöhlberg, der uns
besonders in Erinnerung bleiben soll.
Thomas
hat Schmerzen im linken Knie, was das Ganze nicht leichter macht. Die nächsten
und letzten 5 km bescheren uns 310 Hm mit bis zu 11% Steigung. Der Wald ist
schön, die Wege spannend und gut zu meistern. Auf einem Wurzeltrail, der steil
bergauf geht, kurbelt sich mein Bruder straight nach oben. Thomas und ich
schieben. Soweit es unsere Kräfte und sein Knie zulassen, fahren wir wieder ein
Stück. Die letzten 500 Meter sollten meine selbst ernannten – härtesten 500
Meter meines Lebens – werden. Wir werden von einem Fahrer überholt, der es
geschafft haben muss, die Schwerkraft auszutricksen 😛
Es
geht eine alte Bobbahn hinauf, wie mir eine E-MTBikerin berichtet, die
ebenfalls an dem Aufstieg scheitert.
Ich
schiebe brav mein ca. 13 kg leichtes KTM-Bike den Berg hinauf und habe beinahe
etwas Mitleid mit der Dame, die nun ihren Akku bergauf schleppen muss und kaum
eine Chance hat, bei der Steigung nochmal in Tritt zu kommen. Die Strecke ist
gekennzeichnet von losem Geröll und Unmengen altem Laub, was kaum erkennen
lässt, was vor und unter einem wartet.
Endlich
oben angekommen kann Thomas kaum noch laufen. Außer Atem aber grinsend lochen
wir die Karte und machen das vorletzte Gipfel-Selfie.
Es
ist kurz vor 13 Uhr; wir sind eine halbe Stunde hinter unserem Zeitplan, aber
hungrig und brauchen eine längere Pause. Ich bin völlig am Ende, klitschnass
geschwitzt und zittere überall…brauche erstmal ein paar Minuten. Die Aussicht
ist der Wahnsinn. Zwischen den ganzen Rentnern, die busseweise hier hoch
gekarrt werden, ergattern die Jungs ein paar schöne Fotos. Bei mir würde
aktuell kein Bild was werden, so zittern meine Hände. Ein Radler und Gulasch
mit Knödeln in der Sonne sitzend sollen es wieder richten.
3. Ziel: Scheibenberg, 807 m à
16,9 km // 400 Hm
Weiter
geht´s – gegen 14:30 Uhr starten wir Richtung Scheibenberg – Finale sozusagen.
Wir nehmen unsere letzten Kräfte zusammen, Thomas + Bike werden notfalls
getragen ;). Bergab geht es bis zur Gemeinde Cunewalde, an deren Rand Familie
Schaarschmidt nach einem kleinen Aufstieg Getränke bereithält. Eine super Sache
und die gute alte Kasse des Vertrauens funktioniert hier hoffentlich noch.
1,5
Stunden später sollten wir uns auf den letzten Metern zum Scheibenberg
befinden. Bis dorthin ist es aber noch ein weiter Weg. Erstmal bergab über
Langlaufloipen ins Sehmatal auf 586 m, bevor wir uns wieder 5 km lang ca. 200
Meter bergauf kämpfen müssen. Bergauf schafft Thomas nur noch ca. 3%, wobei die
sich mittlerweile für mich anfühlen wie 8%...
Die
letzten 10 km laufen wie ein Film ab. Es ist sehr warm, 26°C, Thomas und ich
schieben beinahe jeden Meter bergauf und Daniel gehen die Motivationssprüche
aus. Aber die brauchen wir nicht. Wir sind motiviert wie eh und je und wollen
es nun endlich zu Ende bringen. Thomas kämpft sich fahrend jeden Meter bergauf,
der möglich ist. Wir sind ganz allein auf der Strecke…fast…ein paar Kühe feuern
uns mitten im Wald an – bald geschafft. Mit einem letzten Schluck aus der
Wasserflasche freuen wir uns aufs Siegerbier.
Daniel
strampelt vorne weg, Thomas und ich kämpfen uns voran, halten die letzten Meter
bergauf auf Video fest und jubeln, als wir endlich am Ziel angekommen sind.
2
Länder, 3 Tage und Leute, 9 Gipfel, über 160 Kilometer und 4.400 Höhenmeter –
geschafft!!!
Im
ersten Moment fühle ich nichts außer Schmerzen überall, dann regnet es
Endorphine und Stolz. Daniel hat schon das wohlverdiente Siegerbier geordert
und wir freuen uns alle drei wie blöd, dass wir es geschafft haben.
Fotoshooting
vor der Zieltafel, Siegerbierchen. FERTIG 😃
Das Material hat super durchgehalten und viel ertragen müssen. Unser Respekt an dieser Stelle gilt Scott, Haibike und KTM für diese tollen Bikes.
Am
Abend halten wir stolz den Pokal in den Händen und schmieden schon neue Pläne…
Ich hoffe, ich konnte euch mitnehmen auf diesen tollen Trip und ihr hattet viel Spaß beim Lesen. Für Kommentare und konstruktive Kritik danke ich euch jetzt schon sehr und freue mich, wenn ihr weiterhin teil habt an unseren Erlebnissen.
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